Wenn der eigene Körper nie perfekt genug sein kann …
Gelegentlich begegnen wir in unserer Sprechstunde beim Aesthetik Team Oldenburg Patientinnen und Patienten, denen der eigene Körper nie perfekt genug sein kann. In der Fachsprache nennt man dies Dysmorphophobie. Es bedarf einiger Erfahrung als Plastischer Chirurg, um rechtzeitig zu erkennen, bis zu welchem Grad es sich bei den angefragten Veränderungswünschen noch um einen gesunden Wunsch nach einer Verbesserung des eigenen Aussehens handelt, oder ob dem Wunsch nach Optimierung gegebenenfalls ein psychischer Krankheitswert beizumessen ist.
Treten Patientinnen oder Patienten mit immer neuen Korrekturwünschen an den behandelnden Chirurgen heran, obwohl ihr äußeres Erscheinungsbild keinesfalls auffällig von der Norm abweicht und objektiv kein nennenswertes Problem auszumachen ist, sollte in Betracht gezogen werden, dass es sich um eine körperdysmorphe Störung (Dysmorphophobie) handelt. In diesem Fall sollte die vermutete Störung einfühlsam thematisiert und keinesfalls sollten weitere Eingriffe durchgeführt werden!
Dysmorphophobie: Dauerkritik am eigenen Erscheinungsbild
Von dieser Störung Betroffene halten sich, anders als Magersüchtige, nicht allgemein für zu dick, sondern können nicht damit aufhören, einzelne Bereiche ihres Körpers ständig kritisch zu beurteilen. Personen mit körperdysmorpher Störung sind tatsächlich oft sehr attraktiv, verbringen jedoch oft viele Stunden am Tag im Badezimmer. Sie reagieren hoch sensibel auf kleinste Abweichungen vom Ideal, konzentrieren sich auf vermeintliche Makel, versuchen, diese zu kaschieren und ihr Äußeres zu optimieren. Beim trügerischen, zwanghaft selbstkritischen Blick in den Spiegel haben sie ständig Sorge, Lippen, Nase, Haut, Busen, Po oder Hüften könnten nicht perfekt sein. Die übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Körper bestimmt ihr Leben, – und dies nicht selten bis zur seelischen Erschöpfung und mit depressiven Begleitsymptomen. Beruhigung und Entspannung treten immer nur kurzzeitig ein, wenn in den Augen der Betroffenen gerade ein annäherndes Optimum erreicht ist. Sehr bald setzt der Kontrollzwang jedoch erneut ein.
Was kann man bei Dysmorphophobie tun?
Eine der Hauptschwierigkeiten des Arztes im Umgang mit Dysmorphophobie liegt in der mangelnden Krankheitseinsicht der Hilfesuchenden. Viele suchen immer wieder Entlastung beim Schönheitschirurgen. Einige schämen sich für ihr Verhalten oder haben Angst, für ihren Zwang als Narzissten abgestempelt zu werden. Der Weg unters Messer ist jedoch kein Ausweg. Vielmehr liegt nach Meinung von Psychologen bei einer körperdysmorphen Störung sowohl eine genetische Veranlagung zugrunde als auch die früh erlernte Überzeugung „Nur, wenn ich makellos aussehe, bin ich liebenswert“.
Gelingt es, Betroffene davon zu überzeugen, dass sich der Gang zu einem auf Körperschemastörungen spezialisierten Psychotherapeuten als deutlich entlastender und heilsamer erweisen könnte als der nächste chirurgische Eingriff, ist viel für ihre Gesundung getan. Klinische Studien belegen, dass kognitiv behaviorale Psychotherapien zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome führen können.
Bei Patienten, die stark verunsichert aber noch nicht schwer an Dysmorphophobie erkrankt sind, reicht manchmal bereits die Diagnose des Plastischen Chirurgen, dass es sich nicht um einen abnormalen Makel handelt, um ihr Selbstvertrauen wieder zu stabilisieren.